Sie erinnern sich? Da war doch was — ah ja: Spekulation mit Nahrungsmitteln! Böse Geschichte, eine Blamage für unsere ach so aufgeklärte Gesellschaft. Im Frühjahr gab’s da doch diese Kampagnen, alles schon so lange her …
Was ist daraus geworden? Wenig bis nichts. Die Petition an den Deutschen Bundestag schlummert wahrscheinlich in den Schubladen des Petitionsausschusses in Berlin. Occupy:Occupy und die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) hatten sich dafür eingesetzt, dass in unserem Land ein Anfang gemacht wird mit dem Ende dieser unwürdigen Praxis des Gewinnstrebens auf Kosten der Ärmsten.
Die Mehrheit der engagierten Organisationen (Attac, Campact, Weed, Misereor, …) setzte dagegen auf die europäische Politk — und eine echte Zusammenarbeit zur Unterstützung der deutschen Petition unterblieb. „Im Herbst“ erwartete man Ergebnisse in Brüssel, so die Aussage der in dieser Sache aktiven Nichtregierungsorganisationen (NGO).
Nun haben wir mittlerweile Herbst — und was ich immer befürchtet und stets formuliert habe, wenn ich um Unterstützung der deutschen Petition geworben habe, scheint jetzt eingetreten zu sein: Eine wirksame europäische Regelung ist zweifelhaft. Attac beschreibt das bisherige Ergebnis der Politiker in Brüssel in der Überschrift auf seinen Webseiten noch einigermassen nett:
EU-Parlament geht nur unzureichend gegen Nahrungsmittelspekulation vor
Vertreter von Weed, Attac und Campact formulierten das Scheitern mehr oder weniger deutlich, wohl eher darauf bedacht, politisch korrekt zu sein, so wie Markus Henn von Weed mit einer weichen „Nicht-Wirklich-Aussage“:
Der Ausschuss hat sich im Rahmen der Reform nicht wirklich für eine strenge Regulierung der Warenterminbörsen ausgesprochen.
Jutta Sundermann von Attac formuliert ebenfalls nett, aber immerhin etwas deutlicher:
Es gibt noch immer große Schlupflöcher für exzessive Spekulation. Gerade während der momentanen Preisexplosion der Lebensmittelpreise ist es nicht nachvollziehbar, warum die Beschlüsse so schwach ausfallen.
Fast resigniert dagegen liest sich Astrid Goltz’ Erkenntnis (Campact):
Bei Verboten bestimmter Finanzprodukte, die auf Rohstoffpreise wetten, ist das Parlament am Ende völlig eingeknickt.
Weiter wird sie zitiert, dass „es nun nur einen schwachen Auftrag an die Wertpapierbehörde [gibt], diese Produkte besonders genau zu beobachten. Das bedeutet, dass so gut wie nichts passieren wird“.
Warum beschleicht mich das Gefühl, dass am Ende munter weiter spekuliert wird und wir auch zukünftig das Hungern und Verhungern von Menschen aufgrund des unersättlichen Gewinnstrebens der Finanzbranche hinnehmen werden?
Es wäre eine Chance gewesen, die Petition an den Deutschen Bundestag durch energische Unterstützung der NGOs in Politik und Medien auf eine Ebene zu führen, die dem Thema angemessen ist. Wenn — wie zu vermuten ist — die Europäer zu keiner einschneidenden Neuregelung der Finanzmärkte in der Lage sind, dann hätte zumindest in unserem Land ein Zeichen gesetzt werden können, das weit lauter gewesen wäre, als es Occupy:Occupy und der KAB möglich war.
So wie es aussieht, ist diese Chance vorerst verspielt. In Brüssel wurde das Thema Nahrungsmittelspekulation kleingekocht, in Deutschland ist es so gut wie verschwunden.
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