Völlig eingeknickt

von | 8. Oktober 2012 | 0 Kommentare

Sie erin­nern sich?  Da war doch was — ah ja: Spe­ku­la­ti­on mit Nah­rungs­mit­teln!  Böse Geschich­te, eine Bla­ma­ge für unse­re ach so auf­ge­klär­te Gesell­schaft.  Im Früh­jahr gab’s da doch die­se Kam­pa­gnen, alles schon so lan­ge her …

Was ist dar­aus gewor­den?  Wenig bis nichts.  Die Peti­ti­on an den Deut­schen Bun­des­tag schlum­mert wahr­schein­lich in den Schub­la­den des Peti­ti­ons­aus­schus­ses in Ber­lin.  Occupy:Occupy und die Katho­li­sche Arbeit­neh­mer-Bewe­gung (KAB) hat­ten sich dafür ein­ge­setzt, dass in unse­rem Land ein Anfang gemacht wird mit dem Ende die­ser unwür­di­gen Pra­xis des Gewinn­stre­bens auf Kos­ten der Ärmsten.

Die Mehr­heit der enga­gier­ten Orga­ni­sa­tio­nen (Attac, Cam­pact, Weed, Mise­re­or, …) setz­te dage­gen auf die euro­päi­sche Politk — und eine ech­te Zusam­men­ar­beit zur Unter­stüt­zung der deut­schen Peti­ti­on unter­blieb.  „Im Herbst“ erwar­te­te man Ergeb­nis­se in Brüs­sel, so die Aus­sa­ge der in die­ser Sache akti­ven Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen (NGO).

Nun haben wir mitt­ler­wei­le Herbst — und was ich immer befürch­tet und stets for­mu­liert habe, wenn ich um Unter­stüt­zung der deut­schen Peti­ti­on gewor­ben habe, scheint jetzt ein­ge­tre­ten zu sein:  Eine wirk­sa­me euro­päi­sche Rege­lung ist zwei­fel­haft.  Attac beschreibt  das bis­he­ri­ge Ergeb­nis der Poli­ti­ker in Brüs­sel in der Über­schrift auf sei­nen Web­sei­ten noch eini­ger­mas­sen nett:

EU-Par­la­ment geht nur unzu­rei­chend gegen Nah­rungs­mit­tel­spe­ku­la­ti­on vor

Ver­tre­ter von Weed, Attac und Cam­pact for­mu­lier­ten das Schei­tern mehr oder weni­ger deut­lich, wohl eher dar­auf bedacht, poli­tisch kor­rekt zu sein, so wie Mar­kus Henn von Weed mit einer wei­chen „Nicht-Wirk­lich-Aus­sa­ge“:

Der Aus­schuss hat sich im Rah­men der Reform nicht wirk­lich für eine stren­ge Regu­lie­rung der Waren­ter­min­bör­sen ausgesprochen.

Jut­ta Sun­der­mann von Attac for­mu­liert eben­falls nett, aber immer­hin etwas deutlicher:

Es gibt noch immer gro­ße Schlupf­lö­cher für exzes­si­ve Spe­ku­la­ti­on. Gera­de wäh­rend der momen­ta­nen Preis­explo­si­on der Lebens­mit­tel­prei­se ist es nicht nach­voll­zieh­bar, war­um die Beschlüs­se so schwach ausfallen.

Fast resi­gniert dage­gen liest sich Astrid Goltz’ Erkennt­nis (Cam­pact):

Bei Ver­bo­ten bestimm­ter Finanz­pro­duk­te, die auf Roh­stoff­prei­se wet­ten, ist das Par­la­ment am Ende völ­lig eingeknickt.

Wei­ter wird sie zitiert, dass „es nun nur einen schwa­chen Auf­trag an die Wert­pa­pier­be­hör­de [gibt], die­se Pro­duk­te beson­ders genau zu beob­ach­ten. Das bedeu­tet, dass so gut wie nichts pas­sie­ren wird“.

War­um beschleicht mich das Gefühl, dass am Ende mun­ter wei­ter spe­ku­liert wird und wir auch zukünf­tig das Hun­gern und Ver­hun­gern von Men­schen auf­grund des uner­sätt­li­chen Gewinn­stre­bens der Finanz­bran­che hin­neh­men werden?

Es wäre eine Chan­ce gewe­sen, die Peti­ti­on an den Deut­schen Bun­des­tag durch ener­gi­sche Unter­stüt­zung der NGOs in Poli­tik und Medi­en auf eine Ebe­ne zu füh­ren, die dem The­ma ange­mes­sen ist.  Wenn — wie zu ver­mu­ten ist — die Euro­pä­er zu kei­ner ein­schnei­den­den Neu­re­ge­lung der Finanz­märk­te in der Lage sind, dann hät­te zumin­dest in unse­rem Land ein Zei­chen gesetzt wer­den kön­nen, das weit lau­ter gewe­sen wäre, als es Occupy:Occupy und der KAB mög­lich war.

So wie es aus­sieht, ist die­se Chan­ce vor­erst ver­spielt.  In Brüs­sel wur­de das The­ma Nah­rungs­mit­tel­spe­ku­la­ti­on klein­ge­kocht, in Deutsch­land ist es so gut wie verschwunden.

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Zum Nachlesen
Hier finden Sie eine Übersicht über alle unsere Artikel vom März 2012 bis heute.

Hungermarsch nach Berlin
Die Petition wurde zu Fuss in 16 Tagen und mehr als 500 km nach Berlin getragen.

Kommentare zur Petition

Das sagen Politiker

24 % der angefragten Politiker und Partei-Organisationen haben uns geantwortet — ein ernüchterndes Ergebnis.

Eine Auswahl der Stimmen:

Lesen Sie alle Reaktionen hier.

Neueste Artikel

Dilemma?

Dilemma?

Es wäre so schön, eine ver­läss­li­che Instanz zu haben, die eine deut­li­che und unum­stöss­li­che Ant­wort auf die Fra­ge lie­fern könn­te: Ist Spe­ku­la­ti­on mit Nah­rungs­mit­teln ver­ant­wort­lich für stei­gen­de Nahrungsmittelpreise?

mehr lesen
Auf keinen Fall!

Auf keinen Fall!

Die­se Mel­dung  auf den Oxfam-Web­sei­ten ist eher unter­ge­gan­gen.: „Die EU-Finanz­mi­nis­ter haben kei­ne wirk­sa­men Regeln für die Ein­däm­mung von Nah­rungs­mit­tel­spe­ku­la­ti­on auf den Weg gebracht.“

mehr lesen
EU-weit gescheitert?

EU-weit gescheitert?

Um über­haupt etwas zu errei­chen, haben wir stets für eine deut­sche Lösung gewor­ben. Die NGOs such­ten dage­gen einen euro­päi­schen Ansatz. Heu­te war bei food­watch zu lesen: „EU-Maß­nah­men gegen Nah­rungs­mit­tel­spe­ku­la­ti­on wirkungslos“.

mehr lesen
Deutsche Bank weiss um schädliche Folgen der Nahrungsmittelspekulation

Deutsche Bank weiss um schädliche Folgen der Nahrungsmittelspekulation

food­watch berich­tet auf sei­ner Web­sei­te über ver­trau­li­che, inter­ne Papie­re der Deut­schen Bank und der Alli­anz. Ent­ge­gen öffent­li­cher Äuße­run­gen gehen die Unter­neh­men selbst davon aus, dass Spe­ku­la­ti­on mit Agrar­roh­stof­fen zu Hun­ger füh­ren kann.

mehr lesen
Herbst in Europa

Herbst in Europa

Mitt­ler­wei­le sind es zwölf Orga­ni­sa­tio­nen, die die Initia­ti­ve gegen Spe­ku­la­ti­on mit Nah­rungs­mit­teln auf euro­päi­scher Ebe­ne unter­stüt­zen. Die Chan­ce auf eine bun­des­deut­sche Rege­lung wur­de bedau­er­li­cher­wei­se vertan.

mehr lesen
Diskurs: Pies und Henn

Diskurs: Pies und Henn

Es war eine Sen­sa­ti­ons­mel­dung pro­mi­nen­ter Medi­en: Dr. Ingo Pies, Wirt­schafts­ethi­ker an der Uni­ver­si­tät Hal­le, warf den NGOs schlam­pi­ge Recher­che vor beim The­ma Spe­ku­la­ti­on mit Nah­rungs­mit­teln. Pies blieb aller­dings Ant­wor­ten schuldig.

mehr lesen

An den Deutschen Bundestag
Knapp 27.000 Menschen haben diese Petition von Occupy und der KAB unterzeichnet.

Hungermarsch nach Berlin
Die Petition wurde zu Fuss in 16 Tagen und mehr als 500 km nach Berlin getragen.

Kampagnen-Video