Allianz: Das durfte nicht geschrieben werden

von | 11. Mai 2012 | 1 Kommentar

Auf den Face­book-Sei­ten der Alli­anz hat man mich gesperrt.  Klar:  Ich habe genervt!  Dass die Alli­anz es nicht ger­ne sieht, wenn jemand auf ihr uner­träg­li­ches Geschäfts­ge­ba­ren hin­weist, ist nach­voll­zieh­bar.  Viel­leicht gibt es ja ande­re Men­schen, die mei­ne Zei­len an den Ver­si­che­rer auf des­sen Face­book-Sei­ten nahe bringen?

Nach­trag, 11. Mai 2012, 16:40 Uhr:
Ich darf auf dem Face­book-Pro­fil bei der Alli­anz wie­der schreiben.
-fj


Lie­be Allianz,

Sie schrei­ben: „Wir neh­men die Anlie­gen von Oxfarm sehr ernst.“  Sie neh­men Sie offen­bar so ernst, dass Sie noch nicht mal den Namen Oxfam rich­tig schrei­ben!  In all Ihrer Ernst­haf­tig­keit bezie­hen Sie sich auf die­se Unter­neh­mens­mit­tei­lung der Alli­anz:  http://www.allianz.com/de/presse/news/engagement_news/gesellschaftliches_engagement/news_2012-05–09.html

In die­ser Stel­lung­nah­me wie­der­ho­len Sie die Stand­punk­te der Finanz­wirt­schaft:  Das rasan­te welt­wei­te Bevöl­ke­rungs­wachs­tum, wach­sen­der Wohl­stand, die zuneh­men­de Nach­fra­ge nach Bio­kraft­stof­fen, kli­ma­be­ding­te Ern­te­schä­den und –aus­fäl­le, begrenz­te Bewäs­se­rungs­mög­lich­kei­ten und Betrug oder Kor­rup­ti­on sind Ihrer Auf­fas­sung nach Aus­lö­ser stei­gen­der Nahrungsmittelpreise?

Nun, eine etwas inten­si­ve­re Beschäf­ti­gung mit dem The­ma hät­te Ihnen gut angestanden.

- Laut FAO (Ernäh­rungs- und Land­wirt­schafts­or­ga­ni­sa­ti­on der Ver­ein­ten Natio­nen) kön­nen auf der Erde 12 Mil­li­ar­den Men­schen ernährt wer­den.  Fakt ist:  Es gibt genug Nahrungsmittel.

- Schon der Ein­bruch des Prei­ses für Mais im Jahr 2008 (nach einer vor­he­ri­gen Explo­si­on des Mais­prei­ses) wider­legt das unsin­ni­ge “Argu­ment”, dass die stei­gen­de Nach­fra­ge nach Bio­kraft­stof­fen für den Preis­an­stieg ver­ant­wort­lich ist.

Ja, es gibt diver­se Fak­to­ren, die Preis­schwan­kun­gen im Roh­stoff­be­reich der Nah­rungs­mit­tel bedin­gen.  Sie ver­schlies­sen sich aller­dings vor dem Fakt, dass das in die­ses Markt­seg­ment ein­ge­schos­se­ne Kapi­tal und die dras­ti­schen Preis­sprün­ge der letz­ten Jah­re ein­deu­tig korrelieren.

Anders aus­ge­drückt:  Es wird Geld in die­sen Markt gepumpt, um Gewin­ne zu erzie­len — die Prei­se stei­gen abhän­gig vom Geld­vo­lu­men bin­nen kür­zes­ter Zeit extrem.  Wird das Geld wie­der abge­zo­gen, so bre­chen die Prei­se abrupt ein.  DAS ist der Zusam­men­hang!  Und:  Er ist Ihnen natür­lich bekannt!

Sie ver­su­chen ledig­lich noch, die­se Spe­ku­la­tio­nen so lan­ge wie mög­lich durch­zu­füh­ren, um wei­ter­hin immense Gewin­ne ein­zu­fah­ren.  Dass Sie dadurch für Hun­ger und Elend in den ärms­ten Län­dern der Erde ein gros­ses Stück Ver­ant­wor­tung tra­gen, das küm­mert Sie nicht.  Sie wer­den lie­ber wie­der und wie­der Aus­flüch­te suchen, um Ihren — ent­schul­di­gen Sie mein Fran­zö­sisch — erbärm­li­chen Arsch zu retten.

In was für einer Gesell­schaft leben wir, dass wir ein sol­ches Geschäfts­ge­ba­ren hin­neh­men?  Ist Ihnen aus­ser Geld und Pro­fit nichts mehr hei­lig?  Naja, viel­leicht noch Fuss­ball, denn damit kön­nen Sie den gesell­schaft­lich teil­nahms­lo­sen Mit­bür­ger beru­hi­gen und ihm sei­ne emo­tio­na­le Dro­ge verabreichen.

Ich weiss es, Sie wis­sen es:  Sie tak­tie­ren, sie hal­ten hin mit den übli­chen Nebel­ker­zen aus den Mar­ke­ting­ab­tei­lun­gen.  Sie sind nicht am Wohl­erge­hen der Men­schen, nicht an einer akti­ven, gesell­schaft­lich inter­es­sier­ten Bevöl­ke­rung inter­es­siert.  Sie haben dage­gen Inter­es­se am Unter­neh­mens­glück, am Share­hol­der Value und somit an Ihrem per­sön­li­chen Glück, das sich durch Vor­stands­be­zü­ge, Mana­ger­ge­häl­ter und Boni defi­niert.  Erzäh­len Sie mir nichts ande­res:  Lang genug habe ich in die­sem Umfeld gear­bei­tet, um die Ver­hal­tens­wei­sen zu kennen.

Was küm­mert ein Risi­ko, das ande­re tra­gen müs­sen, wenn sie sich die Nah­rung nicht mehr leis­ten kön­nen?  Viel­leicht wäre es ja ein gutes Geschäfts­feld, Ernäh­rungs­ver­si­che­run­gen in den ärms­ten Län­dern der Erde anzubieten?

Nein, freund­lich sind mei­ne Grüs­se an Sie nicht, Allianz.

-Frank Jer­mann

1 Kommentar

  1. BukTom Bloch aka Burkhard Tomm-Bub, M.A.

    “Viel­leicht gibt es ja ande­re Men­schen, die mei­ne Zei­len an dem Ver­si­che­rer auf des­sen face­book-Sei­ten nahe bringen? …”
    Die gibt es!
    Habe da so eini­ge gese­hen, als ich mei­ne ca. 12 Kopien unter diver­se Threads gepos­tet habe, bei der net­ten Allianz …
    MfG
    Buk­Tom Bloch

Zum Nachlesen
Hier finden Sie eine Übersicht über alle unsere Artikel vom März 2012 bis heute.

Hungermarsch nach Berlin
Die Petition wurde zu Fuss in 16 Tagen und mehr als 500 km nach Berlin getragen.

Kommentare zur Petition

Das sagen Politiker

24 % der angefragten Politiker und Partei-Organisationen haben uns geantwortet — ein ernüchterndes Ergebnis.

Eine Auswahl der Stimmen:

Lesen Sie alle Reaktionen hier.

Neueste Artikel

Verwässert

Verwässert

Es ist auch Jah­re spä­ter kei­ne Freu­de, mal wie­der hin­zu­schau­en. Und es ist ein ver­damm­ter Mist, wenn man als Schwarz­se­her (oder bes­ser: Rea­list?) Recht hat in so einer Sache, die täg­lich Men­schen­le­ben kostet.

mehr lesen
Erinnerungen

Erinnerungen

Es ist kei­ne gute Erin­ne­rung, wenn man sich das mitt­ler­wei­le schon alt zu nen­nen­de Video (es ist 2010 erschie­nen) mit Hei­ke Makat­sch und Jan Josef Lie­fers anschaut.

mehr lesen
Schweine!

Schweine!

Knapp drei Jah­re sind nun ver­gan­gen.  Nun wer­de ich wie­der an unse­re Aktio­nen gegen Spe­ku­la­ti­on mit Nah­rungs­mit­teln erin­nert:  Das soge­nann­te „Schwei­ne­hoch­haus“ in Maas­dorf (Sach­sen-Anhalt) ist ins Gere­de gekommen.

mehr lesen
Kaum zu verdauen

Kaum zu verdauen

Ein Ent­wurf des Koali­ti­ons­ver­trags zwi­schen CDU/CSU und SPD liegt vor.  Mehr als 170 Sei­ten ist er lang, man­che Punk­te sind noch ohne Inhal­te (Bei­spie­le: Prä­am­bel, Arbeits­wei­se). Was wird die­ser Ver­trag für die Spe­ku­lan­ten in Sachen Nah­rungs­mit­tel bedeuten?

mehr lesen
Grosse Dinge

Grosse Dinge

Ich habe die Äus­se­run­gen noch in den Ohren:  Wenn wir die Mehr­heit hät­ten, ja, dann könn­ten wir etwas bewe­gen beim The­ma Spe­ku­la­ti­on mit Nah­rungs­mit­teln.  Nun hat die SPD momen­tan die Chan­ce, das The­ma in die Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen einzubringen.

mehr lesen
Schäuble ist Schuld?

Schäuble ist Schuld?

food­watch ist nicht zim­per­lich und legt in ihrem News­let­ter noch­mal nach. Einer der Kern­sät­ze lau­tet: „Letzt­lich ist der Bun­des­fi­nanz­mi­nis­ter also doch vor der Finanz­lob­by auf die Knie gegangen.“

mehr lesen

An den Deutschen Bundestag
Knapp 27.000 Menschen haben diese Petition von Occupy und der KAB unterzeichnet.

Hungermarsch nach Berlin
Die Petition wurde zu Fuss in 16 Tagen und mehr als 500 km nach Berlin getragen.

Kampagnen-Video